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NRW-Koalitionsvertrag: Ist das liberal?

Mit der Wahl von Armin Laschet zum Ministerpräsidenten von NRW droht die FDP ihre Bürgerrechtsideale zu vergessen und abermals zu einer Partei der Wirtschaft zu verkümmern. Die neue Regierung will laut Koalitionsvertrag Elektroschockpistolen testen, die Kennzeichnungspflicht für Polizisten abschaffen (S. 64) und die Videoüberwachung im öffentlichen Raum ausbauen (S. 60).

„Zur Bekämpfung der Straßenkriminalität wird die polizeiliche Videobeobachtung künftig auch an Orten zulässig sein, an denen tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten von erheblicher Bedeutung verabredet, vorbereitet oder begangen werden. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass diese Orte öffentlich zugänglich sind und die Polizei unverzüglich eingreifen kann. Eine flächendeckende Überwachung findet nicht statt. Zur Wahrung von Bürgerrechten werden wir zugleich die Datenschutz- und Informationsfreiheitsrechte in Nordrhein-Westfalen stärken.“

Zwar will Schwarz-Gelb nur dort Kameras anbringen, wo „die Polizei unverzüglich zugreifen kann“, doch wenn „unverzüglich“ 15 Minuten bedeutet, dann ist eine Anbringung überall zu rechtfertigen. Schließlich ist das die durchschnittliche Einsatzreaktionszeit in NRW. Entweder war das der FDP nicht bekannt oder sie hat es wissentlich ausgeblendet.

Videoüberwachung verändert das Verhalten von Menschen. Unter Beobachtung agieren und reden Bürgerinnen und Bürger nicht mehr frei, sondern tun und sagen das, was vermeintlich sozial erwünscht ist. Eine Gesellschaft unter Dauerüberwachung lebt nicht in Freiheit, sondern in einem sich selbst kontrollierenden Konformitäts-Totalitarismus.

Wir PIRATEN warnen vor dieser Entwicklung und hoffen, dass die Freien Demokraten Widerstand leisten. Allerdings ist unsere Hoffnung begrenzt, da die FDP sich wie die Grünen 2012 einen vertraglichen Koalitionsklotz ans Bein gebunden haben, wonach die Koalitionspartner immer einheitlich abstimmen, auch wenn die Themen nicht Gegenstand der Koalitionsvereinbarungen sind. „Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen“ heißt es auf Seite 120 mehr als deutlich.

„Beide Partner werden im Landtag und in den Gremien ein einheitliches Votum abgeben. Das gilt auch für die Fragen, die nicht Gegenstand der Koalitionsvereinbarung sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen. Über das Verfahren und die Arbeit im Parlament wird Einvernehmen zwischen den Koalitionsfraktionen hergestellt. Anträge, Gesetzesinitiativen und Große Anfragen werden in den Landtag nur im Einvernehmen der Koalitionspartner eingebracht. Bei Unstimmigkeiten wird der Koalitionsausschuss angerufen.“

Aufgrund dieses Passus haben in der letzten Legislaturperiode die Grünen mehrfach gegen ihre eigenen Überzeugungen gestimmt. Eklatantes Beispiel war die Ablehnung eines unabhängigen Gutachtens zu den Folgekosten der Braunkohle, das die PIRATEN gefordert hatten.
Es steht zu befürchten, dass die FDP ihren Bürger-Liberalismus hinten anstellt, um weiterhin ihrem Wirtschafts-Liberalismus frönen zu können, der sie so sehr mit der Union verbindet. Eine fatale Aussicht für das Land NRW.

1 Kommentar zu “NRW-Koalitionsvertrag: Ist das liberal?

  1. Jochen Lobnig aka jokilobi

    Nun, die FDP ist und bleibt die Mehrheitsbeschaffungspartei ohne eigenem Profil. Sowohl CDU als auch FDP machen dort weiter, wo sie 2010 in NRW aufgehört hatten.
    Die Wählerinnen und Wähler checken einfach nicht, was mit ihnen derzeit gemacht wird.

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